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Offener Brief der Studierenden MNF Corona SoSe 2021

Sehr geehrter Herr Freimuth, sehr geehrte Frau Busse,
wir wenden uns heute als Vertretung der Studierendenschaft der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät an Sie, um unsere Sorgen bezüglich der Lehrqualität und Planbarkeit in Zeiten digitaler Lehre auszudrücken. Zuerst möchten wir betonen, wie dankbar wir für alle ihre Mühen und Anstrengungen sind die Lehre aufrechtzuerhalten. Dennoch sollte uns allen bewusst sein, dass Online-Lehre niemals die Qualität von Präsenzlehre erreichen kann. Insbesondere praktische Lehrveranstaltungen können nicht wie aktuell der Fall über einen längeren Zeitraum durch Online-Lehre kompensiert werden. Die Situation im letzten Jahr sehen wir für die Studierenden mehr als kritisch. Wir machen uns bezüglich der zukünftigen Situation, insbesondere in Hinblick auf das kommende Sommersemester erhebliche Sorgen, vor allem, dass sich die massiven Ausfälle an Praxislehre aufgrund der aktuellen Lage weiter anhäufen. Die schon vor der Pandemie enorm hohe psychische Belastung im Studium ist durch die Isolation, die Online-Lehre und den Mangel an kooperativen Lernmöglichkeiten auf dem Campus noch einmal enorm gestiegen. Auch die fehlende Planbarkeit und Struktur sind weitere Stressfaktoren.
Präsenz-Lehre ermöglichen
Wir fordern Sie und die Universität daher dazu auf, die für die Qualität der Lehre unerlässlichen Praxisveranstaltungen (insbesondere Laborpraktika u.ä.) im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten und unter Beachtung der Hygienemaßnahmen durchzuführen. Des Weiteren fordern wir Sie auf, ausreichend Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um die Kapazitäten für Praxisveranstaltungen unter Corona-Bedingungen deutlich stärker auszubauen. Dies beinhaltet die Ausweitung der Öffnungszeiten, die Durchführung in kleineren Gruppen und den Ausbau von Lüftungs- und Filtersystemen. Pilotprojekte zur Nutzung von Schnelltests bei der Einlassregelung zu den Praktika oder Klausuren sind dringend zu erwägen. Alle Verantwortlichen müssen aktiv nach innovativen Lösungsansätzen suchen und diese auch untereinander austauschen. Dazu zählt nicht zuletzt die Nutzung und Erprobung der im eigenen Haus gewonnenen Erkenntnisse. Ein Beispiel wären die Forschungsergebnisse des Lehrstuhls für Ethik und Theorie der Medizin an der Universität zu Köln, welche in die Bewältigung der Krise miteinbezogen werden müssen.
Planbarkeit
Neben den Problemen durch die ausfallende Praxislehre, erschwert die mangelnde Planbarkeit massiv den Studienalltag der meisten Studierenden. Eines der größten und der am besten vermeidbaren Probleme besteht in der Nichteinhaltung der im Studienplan vorgesehenen Zeitslots für Veranstaltungen. Dies führt zu massiven Überschneidungen und zusätzlichem Workload. Ein solcher Zustand wäre in Präsenzlehre undenkbar und darf auch in digitalen Lernformaten nicht zur Regel werden. Ein Lockdown kommt nach einem Jahr Pandemie nicht mehr überraschend und muss in die Planungen miteinbezogen werden. Es darf daher nicht zur Regel werden, dass für einen möglichen Lockdown kein Plan B in der Schublade liegt und bis zuletzt keine Vorkehrungen getroffen bzw. kommuniziert werden. Die Freiversuchsregelung der Universität zu Köln hat die Situation für die Studierenden etwas entspannt, dennoch fürchten wir, dass die frühzeitige Aufhebung dieser Regelung zu unnötigen und massiven psychischen Belastungen für die Studierenden führen würde. Klausuren müssen zu Zeiten digitaler Lehre in ihrem Format und Termin frühzeitig angekündigt werden. Sollte ein Präsenzformat präferiert werden, muss zum Beginn des Anmeldefensters ein Ersatzformat für den Fall, dass die Prüfung nicht in Präsenz stattfinden kann, bekanntgegeben werden. Das Ersatzformat muss zeitnah nach dem ursprünglichen Prüfungstermin stattfinden, idealerweise zur selben Prüfungszeit. Auch hier bitten wir die Dozierenden, sich zeitnah um die Schaffung solcher Formate zu bemühen. Zusätzlich fordern wir, die Privatsphäre der Studierenden in digitalen Prüfungsformaten zu schützen. Studierende, die an der Universität zu Köln eingeschrieben sind, sich aber nicht in der Nähe von Köln befinden, wären bei einem kurzfristig angekündigten Start der Präsenzlehre ggf. nicht in der Lage, an dieser teilzunehmen. In solchen Fällen hat die Universität zu Köln sicherzustellen, dass Einzelfalllösungen gefunden werden, die einen regulären Studienabschluss ermöglichen. Gleiches gilt für Personen, die aufgrund der Gefahr, sich mit Covid-19 zu infizieren, nicht an Präsenzveranstaltungen teilnehmen möchten. Des Weiteren muss sich die Universität zu Köln im Fall ausländischer Studierender dafür einsetzen, dass Visa möglichst zeitnah erteilt werden.
Positionierung zur Öffentlichkeit
Wir haben eindeutig dargelegt, dass Präsenzlehre nicht zu ersetzen ist. Es ist daher für die Verbesserung und Weiterentwicklung digitaler Lehr- und Lernformate kontraproduktiv, wenn die Universität nach außen ein zu positives Bild der Situation zeichnet. Wir als Studierendenvertreter haben die große Sorge, dass die Abschlüsse praxisorientierter Studiengänge, bei denen zum Teil jetzt schon mehr als die Hälfte der Praxisveranstaltungen digital stattgefunden haben, auf dem Arbeitsmarkt nicht als gleichwertig anerkannt werden. Die Universität zu Köln darf nicht weiter das Bild vermitteln, die Einschränkungen der digitalen Lehre seien in hinnehmbarem Maße auszugleichen. Wir schätzen die Bemühungen und all das, was im letzten Jahr unter erheblichem Aufwand zustande gebracht wurde. Es ist nun dennoch die Aufgabe einer Universität, die exzellent sein will und sich zur European University for Well-Being zählt, die Bedürfnisse der Menschen, die hier arbeiten und studieren hoch zu halten. Wie es um die Situation an unserer Universität steht, muss auf Landes- und Bundesebene kommuniziert werden, da nur so die Aufmerksamkeit auf mögliche Lösungen gelenkt werden kann. Des Weiteren muss in diesem Zusammenhang Unterstützung durch die Landes- und Bundesregierung für Universitäten und Studierende gefordert werden.

Mit freundlichen Grüßen
Der Fakultätsausschuss der MNF
Unterstützer*innen:
AStA der Universität zu Köln